CLARA IN IHRER ZEIT
Biografie und Zeitgeschehen
Ab 1873 lässt sich Clara in Leipzig zur Volksschullehrerin ausbilden. Ihre Lehrerin Auguste Schmidt gehört der bürgerlichen Frauenbewegung an, deren Ziel es ist, die Stellung der Frau in der Gesellschaft zu reformieren. Mit Clara entsteht später die proletarische Frauenbewegung, die zum Sturz der bestehenden Gesellschaftsordnung aufruft.
1878 schließt Clara ihr Studium für moderne Sprachen ab und tritt in die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (später Sozialdemokratische Partei Deutschland, SPD) ein.
Im gleichen Jahr erlässt Kaiser Wilhelm I. die sogenannten Sozialistengesetze. Sozialistische, sozialdemokratische und kommunistische Organisationen gelten als gefährlich für die bestehende Staatsordnung und werden verboten. Clara unterstützt verfolgte Sozialist*innen. Ihr politischer Weg und ihre Liebesbeziehung führen zum Bruch mit der Familie.
1880 wird Ossip aus Deutschland ausgewiesen, Clara folgt ihm. Ab 1882 leben die beiden zusammen in Paris, Clara nimmt Ossips Namen an. Ihre beiden Söhne Maxim (*1883) und Kostja (*1885) wachsen in Paris auf. 1882 wird sie mit dem illegalen Vertrieb der Zeitschrift Der Sozialdemokrat nach Deutschland betraut.
1889 stirbt Ossip Zetkin nach langer Krankheit. Clara ist nun allein für ihre Kinder und das Einkommen der Familie verantwortlich. Auf dem Gründungskongress der II. Internationale in Paris hält Clara ihre berühmte Rede „Für die Befreiung der Frau!“
1899 lernt Clara Rosa Luxemburg kennen, die ihre enge Freundin wird. Gemeinsam gehören sie zum revolutionären linken Flügel der SPD.
1899 heiratet Clara den 18 Jahre jüngeren Maler Friedrich Zundel. Sie und ihre Kinder behalten jedoch den Nachnamen Zetkin. 1903 zieht die Familie in ein Haus in Sillenbuch bei Stuttgart.
1900 wird Clara in den SPD-Vorstand gewählt (bis 1917).
1907: Clara begründet die Internationale Sozialistische Frauenkonferenz, um mit Genossinnen weltweit den Kampf für Frauenrechte zu organisieren. Ihr Kampf richtet sich gegen die Kapitalistenklasse. Clara ist davon überzeugt, dass die Emanzipation der Frau nur in einer sozialistischen Gesellschaft gelingen kann.
1908: Durch das neue Reichsvereinsgesetz dürfen Frauen an Versammlungen teilnehmen und Mitglied in einer Partei sein.
1914 bricht der Erste Weltkrieg aus. Auch die SPD befürwortet den Krieg, aber Clara und einige andere Mitglieder des linken Flügels halten unermüdlich Reden gegen Militarisierung und den Krieg. Claras Ehemann meldet sich freiwillig zum Militärdienst.
1915 nimmt Clara an der Internationalen Frauenkonferenz in Bern teil. Aufgrund ihres Engagements gegen den Krieg wird sie mehrfach verhaftet.
Gemeinsam mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gründet Clara 1916 die „Spartakusgruppe“ aus Protest gegen die SPD.
Voller Euphorie begrüßt sie 1917 die Oktoberrevolution und feierte die neuen Rechte der Frauen und die gesetzliche Gleichstellung der Geschlechter. Sie reist oft nach Sowjetrussland, trifft Lenin, ist mit seiner Frau Nadeshda Krupskaja und der ersten weiblichen Diplomatin Alexandra Kollontai befreundet.
1917 wird die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) als Abspaltung der SPD und ihrer Kriegspolitik gegründet. Clara wird USPD-Mitglied und bekommt infolgedessen die Verantwortung für Die Gleichheit nach 25 Jahren Redaktionstätigkeit entzogen.
1918 tritt Clara aus der USPD aus. Trotz Krankheit beteiligt sie sich an der Revolution und fordert, Arbeiterinnen und Hausfrauen in die Räte aufzunehmen. Sie wird in den Parteivorstand der neu gegründeten KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) gewählt und übernimmt die Redaktion der Zeitschrift Die Kommunistin.
Die Ermordung ihrer Freundin Rosa Luxemburg am 15. Januar 1919 erschüttert Clara zutiefst.
Bei der Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 dürfen erstmals auch Frauen wählen, wozu der langjährige politische Kampf der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung geführt hat.
1920 wird Clara als Spitzenkandidatin der KPD in den Deutschen Reichstag gewählt und ist bis 1933 Abgeordnete. Sie unternimmt erste Reisen durch Sowjetrussland.
Clara ist mit einigen Entwicklungen der KPD nicht einverstanden und tritt 1921 aus der Parteizentrale aus. Sie richtet ihr Engagement nun verstärkt auf die linke Weltbewegung und wird Vorsitzende der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH). Dabei verliert sie ihr Herzensanliegen – die Befreiung der Frau – nie aus dem Blick.
Als bekannteste Vertreterin der KPD wird sie 1922 Mitglied im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) und bietet Stalin die Stirn. Ihr Ehemann verlässt sie und heiratet 1928 Paula Bosch, die Tochter des Stuttgarter Industriellen.
1923 warnt Clara in ihrer Schrift „Der Kampf gegen den Faschismus“ vor den Nationalsozialisten. Bis 1924 reist sie durch den Kaukasus und beschäftigt sich auch dort mit der Lage der Frau.
1925 wird sie zur Präsidentin der Internationalen Roten Hilfe ernannt und zur Vorsitzenden des Roten Frauen- und Mädchenbundes gewählt.
1929 erwirbt Clara in Birkenwerder bei Berlin ein Haus.
1932 beteiligt sie sich an der Vorbereitung des Amsterdamer Internationalen Kongresses gegen den Krieg. Krank, gebrechlich und fast erblindet, bricht Clara ihre Kur in Russland ab und eröffnet als Alterspräsidentin den Reichstag. Ihre antifaschistische Rede ist ein bedeutendes Zeitdokument. Clara ruft zum Widerstand gegen die NSDAP und zur Einheitsfront aller Werktätigen auf.
Clara Zetkin stirbt am 20. Juni 1933 in einem Erholungsheim in Archangelskoje nahe Moskau. Sie wird an der Kremlmauer beigesetzt. Mehr als 400.000 Menschen kommen zur Trauerfeier und verabschieden sich von der aufgebahrten roten Heldin.